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Kammerorchester Basel – gVe Konzert
1. Dezember 2023 | 20:00 - 22:00
Freitag, 01. Dezember 2023, 20 Uhr
Programmeinführung 45 Minuten vor Konzertbeginn
Heinrich-Lades-Halle, Großer Saal
“Le Magnifique”
Sie sind die neuen Popstars am Klassikhimmel – die Männer, die wie Frauen in hohen und höchsten Höhen singen. Countertenöre nennt man sie, und die Ursprünge ihrer Stimm- und Gesangskultur liegen vor allem in der englischen Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. In der Folge wurde das spezifische Stimmfach auch auf dem europäischen Kontinent zu einem der prägenden Elemente der Oper des Barocks und der frühen Klassik. Doch dann verebbte die Tradition und lebte nur noch in Kirchenchören des Vereinigten Königreichs fort. Zu einer Renaissance kam es erst im Zuge der Originalklang-Bewegung und ihrer Kultivierung einer historischen Aufführungspraxis. Um die Mitte des 20. Jahrhunderts setzte das Countertenor-Revival allmählich ein und erlebt mittlerweile seit Jahren einen regelrechten Boom. Der Countertenorgesang ist heute geradezu eine eigene Branche des Musikbetriebs, repräsentiert von schillernden Interpreten …
Durchbruch mit Händel
Und einer der schillerndsten ist der Hispano-Argentinier Franco Fagioli. 1981 wurde er in San Miguel de Tucumán im Norden Argentiniens geboren. Dort studierte er zunächst Klavier an der Kunstakademie des Teatro Colón in Buenos Aires, dann Gesang. Erstmals international von sich reden machte er 2003, als er den Bertelsmann-Gesangswettbewerb „Neue Stimmen“ in Gütersloh gewann. 2005 erschien er dann in Zürich mit spektakulärem Erfolg in der Titelrolle von Händels Oper „Giulio Cesare“ und profilierte sich in der Folge weltweit auch mit Partien von Heroen anderer Händel-Opern. Heute gilt Franco Fagioli als einer der besten Händel-Sänger überhaupt. Die französische Tageszeitung Le Monde bezeichnete ihn als „Le Magnifique“ (den Herrlichen, Großartigen oder Einzigartigen), und die Italiener ehrten ihn mit der höchsten musikalischen Auszeichnung, die sie zu vergeben haben, mit dem Premio Franco Abbiati.
Gesangskunst von beispielloser Klasse
In der Tat hat Franco Fagiolis Gesangskunst beispiellose Klasse – in der technischen Beweglichkeit, in der Vielfalt des Tons und in dem schier unglaublichen Stimmumfang von über drei Oktaven. Dies prädestiniert ihn für die höchst anspruchsvollen Kas-tratenpartien der Barockoper und der frühen Belcanto-Tradition im modernen Sinn. Dabei reicht sein Repertoire von Monteverdi über Nicola Porpora und Johann Adolph Hasse bis zu Gluck und Mozart und weiter bis zu Meyerbeer und Rossini.
Im Zeichen Mozarts
Im Zentrum von Franco Fagiolis Gastkonzert beim gVe stehen Arien, die Mozart Kastratenstars seiner Zeit gewissermaßen „auf den Leib schrieb“: Venanzio Rauzzini, der Mailänder Primo Uomo Anfang der 1770er-Jahre, inspirierte ihn zu seinem so berühmten wie beliebten „Exsultate, jubilate“ und zu einer Partie in der Opera seria „Lucio Silla“. Für Tommaso Consoli entstand die Partie des Ramiro, der im Rahmen des Münchner Faschings 1775 uraufgeführten Opera buffa „La Finta Gardiniera“. Und für Domenico Bedini komponierte Mozart den Part des Sesto in der Krönungsoper „La Clemenza di Tito“, die 1791 in Prag Premiere hatte. Neben den Werken Mozarts steht auf dem Programm des Erlanger Konzerts auch Orchestermusik von dem erst in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckten Joseph Martin Kraus – einem Komponisten aus dem Mainfränkischen, der im selben Jahr wie Mozart geboren wurde und ein Jahr nach diesem verstarb. Große Karriere machte er als Hofkapellmeister des schwedischen Königs Gustav III. in Stockholm, wo auch die meisten seiner Werke entstanden. Es spielt das so exzellente wie vielseitige Kammerorchester Basel, das je nach den Anforderungen des Repertoires stilgerecht auf modernen oder historischen Instrumenten musiziert. Die Leitung hat der französische Geiger und Dirigent Baptiste Lopez, seit Juni 2018 Konzertmeister des Orchesters aus Basel.
Text: Klaus Meyer