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Orchestre National d‘Auvergne – gVe Konzert
20. November 2023 | 20:00 - 22:00
Montag, 20. November 2023, 20 Uhr
Programmeinführung 45 Minuten vor Konzertbeginn
Heinrich-Lades-Halle, Großer Saal
Der reflektierte Universalmusiker – Christian Zacharias
Als „Elder Statesman der Klassik“ wird der Pianist und Dirigent bezeichnet. In der Tat gehört Christian Zacharias zu den Künstlern, die seit nahezu 50 Jahren im internationalen Klassik-Business gefragt sind. Zacharias ist souverän und eigensinnig gleichermaßen: Intendanten vertrauen ihm, obwohl er in seinen Programmen nicht immer klassisch konform handelt, sondern eigene Vorstellungen umsetzt. Beständigkeit und Substanz sind freilich die Grundlagen dieser Karriere.
Christian Zacharias kam 1950 aufgrund der Berufstätigkeit seines Vaters im indischen Jamshedpur zur Welt. Mit sieben Jahren erhielt er seinen ersten Unterricht, studierte dann in Karlsruhe und Paris Klavier. Mit der Auszeichnung beim berühmtem Van-Cliburn-Klavierwettbewerb (USA) 1975 begann seine Laufbahn in der Pinanistenliga.
Zacharias avancierte in den 1980er-Jahren zu einem der gefragtesten deutschen Pianisten, vor allem für seine Interpretationen der Wiener Klassik.
Bekannt wurde Zacharias jedoch auch für seine Experimente, wo er beispielsweise auf seiner Scarlatti-CD „Encore“ (1995) 20 Aufnahmen ein- und derselben Sonate nebeneinanderstellte, aus Konzertsälen von Amsterdam bis Zürich.
In der praktischen Bach-Rezeption lehnte er sich weit hinaus, als er über die vielen Einspielungen zum „Wohltemperierten Klavier“ sagte: „Wenn jemand von A bis Z alle Präludien und Fugen spielt, finde ich das einfallslos und undifferenziert, das ist so, wie wenn ich Ihnen ein Lexikon vorlese. Es gibt Brüche: Auch Bach ist mal besser und mal schlechter. Ich würde es entwerten, wenn ich an jedes der von mir geliebten Präludien die Fuge anschließen würde.“
Ansonsten bezeichnet sich der 73-Jährige als „furchtbar konservativ“. Das betrifft vor allem das Repertoire, das er spielt. Das beginnt bei Scarlatti und reicht bis Schubert. Hinzu kommen noch Ausflüge zu Schumann und Chopin. Später komponierte Musik findet sich bei Zacharias kaum. Ein Nachteil? Nein. Denn was das Publikum mit dieser Spezialisierung erleben darf, ist interessant, erzählt viel von der Musik, der Zeit, ist interpretatorisch genauestens überlegt. Hinzu kommt für ihn der „Luxus“, zwischen Tastatur und Taktstock wählen zu können.
Seit 1992 dirigiert Zacharias äußerst erfolgreich renommierte Orchester. Dabei ist das Repertoire freilich erweitert. Er äußert sich dazu folgendermaßen:
„In manchen Konzerten spiele ich erst eine Beethoven-Sonate, dann ein Klavierkonzert und dirigiere zum Schluss eine Sinfonie. Da sind viele Leute schon irritiert, weil es anders ist als die seit Jahrzehnten total eingeschlafene Abfolge Ouvertüre – Konzert – Sinfonie.“
Insgesamt tendiere er mehr zur Arbeit am Pult:
„Wenn du als Solist Klavierabende gibst oder Kammermusik machst, da ist man den einen Tag hier, den anderen Tag dort. Dieses Hin und Her würde ich heute nicht mehr machen wollen. Und es hat natürlich auch technische Gründe. Der Aufwand für ein Klavierkonzert ist relativ groß, dafür muss ich wirklich jeden Tag zwei, drei Stunden üben, ansonsten kann es peinlich werden. Dirigieren kann ich aber bis ich 90 bin, da kenne ich einige Dirigenten, die in dem Alter immer noch fit sind.“
Das gVe-Publikum hat im Konzert mit Christian Zacharias und dem ausgezeichneten Orchestre National d´Auvergne den interessanten Vorteil, den „pianistischen Staatsmann“ in seinen drei verschiedenen Rollen zu erleben: Da gibt es Haydns Konzert für Klavier und Orchester, Nr. 11, das Zacharias dirigiert und zugleich den Solopart spielt. Weiter ist eine große Haydn-Sonate für Klavier solo zu hören und sodann noch Bruckners Quintett in F-Dur in der Streichorchesterfassung.
Text: Konstanze Guglielmi