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Abgesagt! hr-Sinfonieorchester Frankfurt – gVe Konzert
17. Januar 2022 | 20:00 - 22:30
Montag, 17. Januar 2022, 20 Uhr
Programmeinführung 45 Minuten vor Konzertbeginn
Heinrich-Lades-Halle, Großer Saal
Rathausplatz 1, 91052 Erlangen
Schon als Kind verliebte sich Edgar Moreau in den Klang des Cellos – und diese Liebe trägt ihn bis heute zu künstlerischen Höhenflügen. Gemeinsam mit Alain Altinoglu und dem hr-Sinfonieorchester spielt er das romantische Cellokonzert schlechthin, den Welthit von Antonín Dvořák.
hr-Sinfonieorchester Frankfurt
Edgar Moreau, Violoncello
Alain Altinoglu, Leitung
Antonín Dvořák
Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll op. 104
Modest Mussorgsky
Bilder einer Ausstellung (Orchestration von Maurice Ravel)
Moreau und Altinoglu – französischer Esprit
Vier Jahre alt war Edgar Moreau, als sein Vater ihn mit in ein Pariser Antiquitätengeschäft nahm. Zwischen wuchtigen Möbelstücken aus der Zeit von Napoleon III., edlen Designersesseln und golden glänzenden Leuchtern saß ein Mädchen und probierte ein altes Cello aus. Das war sein Klang! Der Junge wollte Cello lernen, und mit neun Jahren gab er sein Orchesterdebüt mit dem Orchestra di Teatro Regio in Turin. Mit 17 gewann er dann den zweiten Preis beim Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau, worauf etliche weitere Auszeichnungen folgten. Heute, mit 27 Jahren, gilt Edgar Moreau nicht nur als einer der technisch versiertesten Cellisten seiner Generation, sondern begeistert Publikum und Kritiker durch die außerordentliche Reife seiner Interpretationen und die unverstellte Natürlichkeit seines Spiels.
In Erlangen gastiert Edgar Moreau mit dem hr-Sinfonieorchester und dessen neuem Chefdirigenten Alain Altinoglu. Es ist Altinoglus erste Saison in dieser Position – eine spannende neue Konstellation in der deutschen Orchesterlandschaft. Der 46-jährige Franzose armenischer Abstammung sticht durch sein riesiges Repertoire heraus. Als Dirigent ist er nicht auf ein Genre festgelegt, ist auf dem Konzertpodium ebenso präsent wie im Orchestergraben der großen Opernhäuser. Neben dem hr-Sinfonieorchester leitet er auch das Opernhaus La Monnaie in Brüssel. Darüber hinaus dirigierte er von Berlin und Wien über Paris und London bis Chicago und Boston alle großen Orchester Europas und Nordamerikas – ein höchst erfahrener Maestro, aber mit jugendlichem Esprit und sprühender Energie.
Edgar Moreau und Alain Altinoglu, beide in Paris geboren, beide Absolventen der Elitehochschule Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse, an der Altinoglu inzwischen selbst eine Dirigierklasse unterrichtet. An diesem Institut lernten und lehrten nahezu alle großen Instrumentalisten und Komponisten Frankreichs. Darunter auch Maurice Ravel, der die Kompositionsklasse von Gabriel Fauré besuchte. Mit seiner farbenreichen Klangsprache prägte Ravel die Vorstellung von einem musikalischen Impressionismus, darüber hinaus aber ist sein Name eng mit jenem Werk eines russischen Komponisten verbunden, das bis heute fast nur in Ravels Orchestrierung aufgeführt wird: die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky. Mit einer auskomponierten „Promenade“ führt Mussorgsky durch das imaginäre Museum und lässt den Betrachter vor jedem Bild innehalten und in dessen Thema eintauchen – von den schnatternden Küken in ihren Eierschalen über die unheimlichen Gnome bis zu den spielenden Kindern in den Tuilerien.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird die Musik paradoxerweise nationaler und globaler gleichzeitig. In ganz Europa erwachte das nationale Selbstbewusstsein in Gesellschaft und Kultur, auf der anderen Seite rückte die moderne Welt durch Eisenbahnen, Dampfschifffahrt und Telegrafie so eng zusammen wie noch nie. Die Industrialisierung sorgte für globalen Warenfluss, und in ihrem Kielwasser entwickelte sich ein internationales Musikleben mit weltweit tätigen Dirigenten und Solisten. Antonín Dvořák verkörperte geradezu dieses Paradox seiner Zeit: Tief verwurzelt in der Musik seiner tschechischen Heimat, war er dennoch ein Global Player, der in New York ebenso gefeiert wurde wie in London. Das berühmte Cellokonzert ist das musikalische Abbild dieser Konstellation. Komponiert in den USA, uraufgeführt in London, atmet es doch in allen seinen Melodien böhmische Luft und verknüpft sie mit der grenzenlosen Weite und pulsierenden Dynamik der Neuen Welt.
Text: Dr. Wolfgang Schicker