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Ingo Dannhorn & Trio Licenze – gVe Konzert
29. Februar 2024 | 20:00 - 22:00
Donnerstag, 29. Februar 2024, 20 Uhr
Programmeinführung 45 Minuten vor Konzertbeginn
Heinrich-Lades-Halle, Kleiner Saal
Ingo Dannhorn & Trio Licenze
Manchmal finden wir die Weisheit nicht in Büchern, sondern an Orten, wo wir sie am wenigsten erwarten würden. So erging es auch Luigi Nono Mitte der 1980er-Jahre, als er in Toledo an einer unscheinbaren Klostermauer diesen Spruch entdeckte: „Caminantes, no hay caminos. Hay que caminar.“ Übersetzt heißt das in etwa: „Wanderer, es gibt keine Wege. Und doch müssen wir gehen.“
Dieser Gedanke schien Luigi Nono perfekt auf seine Situation und seinen Werdegang als Komponist zu passen, er entfachte einen kreativen Schub bei ihm, der schließlich zu drei Werken führte, in denen der Aphorismus zitiert wird, das berühmteste darunter ist sein letztes Orchesterwerk. Demgegenüber reduziert er in „Hay que caminar – sonando“ die Besetzung auf zwei Violinen. Das Stück entstand 1989, im Jahr vor Nonos Tod, und gilt als sein persönlichstes und poetischstes Werk, sein musikalisches Vermächtnis. Im unerHÖRT!-Konzert entfaltet sich der Klangzauber diesmal im Kleinen, in Werken für ein bis drei Instrumente, die dennoch in ihrer Wirkung eine ungeheure Ausstrahlung entfalten. Bei Luigi Nono wurzelt die Kraft der Musik oft in persönlichen Begegnungen, so etwa in dem Stück „… sofferte onde serene …“ für Klavier und Tonband, das in engster Verbindung zu dem legendären italienischen Pianisten Maurizio Pollini entstanden ist. Pollini spielte nicht nur die Uraufführung, sondern nahm auch das Zuspielband auf, wobei er nach den Vorgaben Nonos improvisierte. Der Titel „… leidende, heitere Wellen …“ formuliert einen Widerspruch, der auch die Musik prägt: Die Wellen stehen hier sowohl für die Klangwellen als auch für das Element Wasser, das Nonos Heimatstadt Venedig von allen Seiten umgibt. Luigi Nono beschäftigt sich in „… sofferte onde serene …“ aber auch mit dem Aspekt der Trauer, denn sowohl er als auch Pollini haben damals Angehörige und Freunde verloren. Ästhetisch markiert dieses Werk – als Reaktion auf eine persönliche und künstlerische Krise – einen neuen Weg im Schaffen Nonos, die Abwendung vom Serialismus Mitte der 1970er-Jahre.
Ähnlich wie bei Luigo Nono, ist das Schaffen des in Würzburg lebenden Komponisten Klaus Ospald äußerst vielschichtig: ästhetisch, kompositorisch, aber auch in vielfältigen Anknüpfungspunkten an Literatur und Philosophie, Technik und Physik. Im wahren Sinne des Wortes unerHÖRT! ist sein Streichtrio, das an diesem Abend uraufgeführt wird. In der Ernsthaftigkeit und Genauigkeit beim Komponieren sind Luigi Nono und Klaus Ospald seelenverwandt. Ihnen kommt es auf jedes Detail an, mit dem sie den Ausdruck der Musik schärfen können – eine Musik, die poetische Kraft und Klangsinnlichkeit verbindet.
Text: Wolfgang Schicker