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National Symphony Orchestra of Ukraine – gVe Konzert
20. Oktober 2022 | 20:00 - 22:30
Donnerstag, 20. Oktober 2022, 20 Uhr
Programmeinführung 45 Minuten vor Konzertbeginn
Heinrich-Lades-Halle, Großer Saal
Musik überwindet Krieg: Die Pianistin Olga Scheps und das Ukrainische Nationalorchester musizieren beim gVe
Eigentlich sollte die Pianistin Olga Scheps schon in der Saison 2021/2022 nach Erlangen kommen. Das hat Corona-bedingt nicht geklappt. Nun ist es soweit, und die leidenschaftliche Pianistin macht aus ihrer musikalischen Mission auch eine menschliche: In ihrer Wahlheimat Köln hat sie sich schockiert über Putins Krieg in der Ukraine geäußert. Konsequent, wie sie ist, hat sie beschlossen, die Musik als Botschafterin für den Frieden einzusetzen: In Köln steht Liszts 1. Klavierkonzert unter dem Motto „Friedenskonzert“. Auch in Erlangen wird dies ein besonderer Konzertabend, der mit einer vom gVe eigens eingerichteten Spendenaktion für die Ukraine verbunden ist. Das ukrainische Nationalorchester hat diese Tour vom Verteidigungsministerium genehmigt bekommen, muss sich nach der Tour wieder zurückmelden: All das ist – von den künstlerischen Qualitäten aller Beteiligten abgesehen – ein Grund mehr, sich Karten für diesen Abend zu besorgen!
Olga Scheps ist nicht nur besessen von ihrem Beruf, es ist mehr: sie spricht von einer Berufung als Pianistin, die sie schon in Kindheitstagen spürte. Das bedeutet auch: keine Wochenenden, kaum Urlaube, permanentes intensives Üben, Disziplin im alltäglichen Leben, auch wenn es inzwischen einen festen Partner und einen dreijährigen Sohn gibt. Daran änderten auch die Corona-Pandemie und die auftrittsfreie Zeit nichts. Sie hat das teils genossen, wie sie in einem Interview sagt: „Ich habe mehr Zeit als sonst mit meiner Familie verbracht. Ich war zwar regelmäßig am Klavier, aber ich war auch jeden Tag zu Hause.“
Doch nur die Übung macht es nicht: Olga Scheps gehört zu den großen Nachwuchspianistinnen unserer Zeit. Die 36-Jährige ist leidenschaftlich und unglaublich fantasievoll, sie fühlt sich am Klavier wie ein „Fisch im Wasser“, sagt ihr ehemaliger Lehrer Pavel Gililov. Sie lernte Klavierspielen wie Laufen, Radfahren, Lesen, Schreiben. Die attraktive Pianistin spricht übrigens Russisch, Englisch und Deutsch fließend. Kein Geringerer als Alfred Brendel förderte vor 20 Jahren die damals erst 15-Jährige.
Olga Scheps ist Perfektionistin, die dennoch warmherzig, menschlich bleibt, wenn sie ihr hehres Ziel verfolgt: „Wenn ich fühle, dass ein magischer Zauber im Livekonzert spürbar ist, macht mich das glücklich und zufrieden. Das entschädigt für alles; für den Aufwand, das Reisen, das harte Arbeiten. Ich liebe die Musik und bin sehr dankbar für diese Möglichkeit, mich auszudrücken. Ich kann mit der Musik so vieles erzählen, mitteilen. Es ist meine Sprache, und ich arbeite immer daran, mich darin zu verbessern. Ich möchte aus dem Flügel das Unmögliche herausholen. Mein Publikum nehme ich mit auf diesem Weg.“
Nebenher hätte die aparte Pianistin vermutlich auch als Model Karriere machen können. Das hört sie jedoch nicht gerne: „Wenn man möchte, dass die Klassik nichts mit Äußerlichkeiten zu tun haben sollte, dann muss man das Aussehen nicht jederzeit thematisieren. Jeder Künstler hat das Recht so auszusehen, wie er möchte.“ Die große Klassikbranche sieht das freilich anders. „Da hat sich viel verändert“, sagt Olga Scheps: „Ich bin bei meinen Eltern (beide stammen aus Moskau und sind Pianisten: der Vater Klavierprofessor in Aachen, die Mutter Klavierpädagogin) mit der Ästhetik eines Emil Gilels, Vladimir Horowitz, Evgenij Kissin aufgewachsen. Die Pianisten spielten damals ein einziges Programm mit dem sie ein Jahr auf Tour gingen. Heute hingegen sieht das so aus: Ich habe in einem Jahr etwa 100 Konzerte, spiele das Repertoire für drei Soloklavierabende, sechs verschiedene Klavierkonzerte mit Orchester, mache Kammermusik und studiere noch zwei große Werke ein.“
Bei allem Perfektionismus, bei allen großen Erfolgen, die Olga Scheps hat, bleibt sie im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Teppich: Um mit dem Klappern ihrer oft hochhackigen Schuhe durch Nebengeräusche nicht von der Musik abzulenken, bringt Olga Scheps immer einen eigenen kleinen „fliegenden Teppich“ mit, den sie zwischen Pedal und Klavierhocker legt.
Franz Liszts erstes Klavierkonzert hat Olga Scheps viele Male auf der Bühne mit verschiedenen Orchestern und Dirigenten aufgeführt. Es ist ein Werk, das zu ihr passt. So durchdringt sie den virtuosen Komponisten Franz Liszt mit der Ausbildung und Erfahrung, welche die russische Schule kennzeichnet: Es ist die fantasievolle Deutung und Gestaltung der Motive und Themen, ein warmer großer singender Ton und natürlich eine bewundernswerte präzise, kraftvolle Technik. Mit dem National Symphony Orchestra of Ukraine unter der Leitung seines Chefdirigenten Volodymyr Sirenko treffen da verwandte künstlerische Seelen zusammen. Kontrastreich wird dieses Konzert mit dem symphonischem Gedicht „Grazhyna“ des ukrainischen Komponisten Boris Lyatoshynsky (1895-1968) und Jean Sibelius´ 2. Sinfonie.
Text: Sabine Kreimendahl